Neue Datenbasis

Kupferreduzierung im ökologischen Weinbau durch Kaliumphosphonat

S. Otto1, B. May2, R. Kauer3, R. Schweiggert1

Institut für Getränkeforschung, AG Analytik und Technologie pflanzlicher Lebensmittel – Schwerpunkt Getränke, Von-Lade-Straße 1, 65366 Geisenheim
2  Institut für Oenologie, AG Wein- und Getränkechemie, Von-Lade-Straße 1, 65366 Geisenheim
3  Institut für allgemeinen und ökologischen Weinbau, AG Ökologischer Weinbau, Von-Lade-Straße 1, 65366 Geisenheim

 

Der Klimawandel und die damit verbundenen Wetterextreme stellen den Rebschutz im ökologischen Weinbau vor immer größere Herausforderungen. Die biologische Wirksamkeit von Kupferpräparaten in den in Deutschland zugelassenen Mengen ist in Jahren mit hohem Befallsdruck durch Plasmopara viticola (vgl. die Jahre 2016 und 2021) nicht ausreichend, um eine ökonomisch nachhaltige Produktion von biologisch erzeugten Trauben sicherzustellen. Adäquate Ersatzstoffe für Kupfer stehen aktuell nicht zur Verfügung.

Eine von Seiten der EU und der zuständigen nationalen Ministerien gewünschte weitere Reduzierung des Einsatzes von Kupfer im ökologischen Weinbau ist sehr kritisch zu sehen und könnte die aktuell hohe Umstellungsbereitschaft zum Erliegen bringen. Die angestrebte Zulassung der Anwendung von Kaliumphosphonat im ökologischen Weinbau ermöglicht eine deutliche Senkung des Kupfereinsatzes und damit einhergehend eine Verringerung des Produktionsrisikos.

Zur Historie: Bis zum Jahr 2013 waren Pflanzenstärkungsmittel mit Anteilen anorganischen Phosphonats wie Kaliumphosphonat im Ökoweinbau ein essentieller Bestandteil bei der Eindämmung des Falschen Mehltaus. Kaliumphosphonat unterstützt zum einen die pflanzeneigenen Abwehrmechanismen der Rebe, zum anderen hat es eine direkte biologische Wirkung auf den Schaderreger. Nach der Einstufung als Pflanzenschutzmittel war diese Substanz für die Anwendung im Biolandbau nicht mehr zugelassen. Aus diesem Grund widmet sich ein eigenes Arbeitspaket im Projekt VITIFIT dieser Problematik.

Im Verbundvorhaben VITIFIT wird die derzeitige Datenlage zur Wirksubstanz Kaliumphosphonat hinsichtlich der biologischen Wirksamkeit gegenüber dem Schadpilz, der Verteilung in der Rebe sowie zum Rückstandsverhalten in Most und Wein auf eine neue Datenbasis gestellt.

 

Abb. 1: KP-Versuchsanlage am Standort Geisenheim (Foto: HGU)

Rebsorte: Riesling
Unterlage: 5C
Pflanzjahr: 2008
Größe: 5590 m², ca. 4800 m² bestockt
Erziehungssystem: Spalier, 2 Fruchtruten, Halbbogen

 

In mehrjährigen Versuchen und an verschiedenen Standorten (s. Abb. 1)  in Deutschland werden die nach kontrollierter, exakt definierter Applikation auftretenden Phosphonat-Rückstände in der Pflanze sowie im Wein untersucht. Hierzu wurde zunächst eine hochempfindliche analytische Methode (IC-ICP-MS) entwickelt, um Phosphonat in unterschiedlichen Pflanzenkompartimenten sowie in Weiß- und Rotweinen bestimmen zu können – auch in sehr geringen Konzentrationen (Bestimmungsgrenze > 0,01 mg/kg).

Im Rahmen einer Untersuchung von 130 kommerziell erhältlichen Weinen (100 konventionell, 30 ökologisch) aus allen weinbautreibenden Ländern wurde ein erstes Bild zur aktuellen Situation erstellt. Bei 95 von 100 konventionell produzierten Weinen wurden gesundheitlich unbedenkliche Konzentrationen an Phosphonat nachgewiesen, durchschnittlich 4,32 mg/kg. Zwölf der 30 Ökoweine enthielten Phosphonat-Rückstände in Spurenkonzentrationen, durchschnittlich 0,32 mg/kg (Otto et al., 2022). Die Ursache der Positivbefunde in den Bioweinen ist unklar und wird in der Folge weiter untersucht.

Erste Ergebnisse im Rahmen von Strategieversuchen zeigten, dass im Falle einer frühzeitigen Entblätterung der Traubenzone der Phosphonat-Gehalt in Blättern, Stielen und Beeren zum Ende der Vegetationsperiode um ca. 30 % reduziert werden konnte. Zudem wurde beobachtet, dass die Rebengesundheit bei Verwendung von Kaliumphosphonat bis zum Stadium abgehende Blüte (ES 68-70) deutlich verbessert werden konnte – insbesondere unter hohem Befallsdruck, wie im Jahr 2021 (s. Abb. 2). In den Freilandversuchen konnte somit gezeigt werden, dass das Produktionsrisiko auf der Basis einer Kupferreduzierung durch den kombinierten Einsatz von Kaliumphosphonat mit geringen Kupfermengen deutlich vermindert werden konnte.

 

Abb. 2: Stadium abgehende Blüte / ES 68-70 (Foto: HGU)

 

Die derzeitigen Versuche beziehen sich auch auf die Persistenz von Phosphonat in der Pflanze bei variierender Häufigkeit der Applikation, was derzeit an mehrjährigen Container-Reben isoliert betrachtet wird. Ergänzend werden die einzelnen Stufen der Weinbereitung detailliert untersucht, um den möglichen Transfer vom Most in den Wein beurteilen zu können.

 

Quellen:
Otto, S., May, B., Schweiggert, R.: Comparison of ion chromatography-conductivity detection (IC-CD) and ion chromatography-inductively coupled plasma-mass spectrometry (IC-ICP-MS) for the determination of phosphonic acid in grapevine plant parts, wine, and soil. Journal of Agricultural and Food Chemistry, in print.

 

Ergänzende Informationen zu den KP-Versuchen im VITIFIT Projekt:

-> Newsletter #3 (Seite 4)

 


Weitere Informationen:

Prof. Dr. Ralf Schweiggert
Sören Lars Otto
Institut für Getränkeforschung
Hochschule Geisenheim University

Wissenstransfer VITIFIT

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