Im Porträt

PIWI Deutschland: Andreas Dilger zu PIWIs und VITIFIT

(Foto: kwasibanane)

Eine Passion für PIWIs

Wie alle anderen Winzer, nein, das ist Andreas Dilger nicht. Schon sein Weg zum Weinbau war ungewöhnlich. Als studierter Sozialpädagoge kam er als Quereinsteiger dazu. Was Mitte der neunziger Jahre als Hobby begann, ist heute nicht einfach nur ein Beruf. Es wurde viel mehr als das, es wurde zur Passion; eine Passion für ökologischen Weinbau mit pilzwiderstandsfähigen Rebsorten (PIWIs). Diese Leidenschaft prägt sein ganzes Tun.

 

Verbindung von Stadt und Land

Dem erfolgreichen Biowinzer ist ein ganzheitlicher Ansatz, im Sinne von ‚Agri‘ und ‚Kultur‘, von Landwirtschaft und Kulturellem sehr wichtig. Sie gehören für ihn unmittelbar zusammen. Deshalb hat er auch die Lage seines Weinguts, innerstädtisch im Freiburger Stadtteil Wiehre, ganz bewusst ausgewählt. Das ehemalige Straßenbahndepot ist leicht zu Fuß oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen. Es ist ein Ort sowohl für Kulturveranstaltungen als auch für Themen rund um den Weinbau, „ein kultureller Ort, der beides erlebbar macht“. Das gesellschaftliche Miteinander gestaltet Andreas Dilger gern aktiv mit.

Veranstaltung im Weingut Dilger (Foto: kwasibanane)

 

Aktuell beschäftigt er sich mit dem Prinzip der solidarischen Landwirtschaft und überträgt es auf den Weinbau. So ist das Projekt „solidarischer Weinberg“ entstanden.

Auftaktveranstaltung „Solidarischer Weinberg“: Predigerplatz am Lorettoberg, ca. 1,3 ha (Foto: Marc Doradzillo)

 

Dabei werden Genossenschaftsanteile für einen Weinberg vergeben. Die Anteilseigner beteiligen sich finanziell und erhalten im Gegenzug Wein und Trauben aus dem Weinberg. Die Nachfrage ist groß und sämtliche Anteile für die Reben vergriffen. Selbstverständlich werden auch hier nur PIWIs angebaut. Vermarktet werden die Weine unter BIOWEIN+. Mit diesem Projekt bringt er Wein-Konsumenten und -Produzenten zusammen, stärkt den regionalen Weinbau und macht PIWI-Weine bekannt. „Wir brauchen PIWIs nicht um der PIWIs willen, sondern weil es Zeit für eine Wende zur nachhaltigen Landwirtschaft ist“.

 

PIWIs im Aufwind

Der Erfolg oder Misserfolg einer Ernte hängt im Weinbau am Pflanzenschutz. Ein Fehler hier, kann verhängnisvoll sein! Dieses Missverhältnis zu ändern, ermöglichen PIWIs“,  davon ist Andreas Dilger überzeugt. „Am häufigsten wird gesagt, dass es keine Nachfrage am Markt gibt, deshalb wird kein Angebot generiert und so schließt sich der Kreis. Dass der Markt träge ist, ist okay. Aber es kann etwas geändert werden. Es muss nur der Wille in diese Richtung da sein. Derzeit gibt es Signale aus allen Bereichen: Winzer, Wissenschaftler und Interessierte vom Fach und auch die Kundschaft interessieren sich für PIWIs. Es entsteht gerade eine sich gegenseitig verstärkende Dynamik! Diese hat die letzten 20 Jahre gefehlt“.

So ist es nur folgerichtig, dass er der erste Vorsitzende von PIWI Deutschland e.V. wurde, einer Arbeitsgemeinschaft, die pilzwiderstandsfähige Rebsorten fördert und bekannter machen möchte. Dabei handelt es sich um die deutsche Regionalgruppe von PIWI International. Der deutsche Ableger wurde im Dezember letzten Jahres gegründet und zählt mittlerweile bereits 150 Mitglieder. Warum gerade jetzt? „Es war an der Zeit, dass die deutschen Weinbaugebiete eine eigene Vertretung bekommen. Wir sehen uns als Plattform für alle Interessierten zum Erfahrungs- und Wissensaustausch rund um das Thema ‚PIWIs‘. Für jede deutsche Weinbauregion bieten wir Winzern einen Ansprechpartner, der die Belange vor Ort kennt“, erklärt Andreas DilgerZu lange gab es für PIWIs wenig Aufmerksamkeit, aber „das ändert sich jetzt. In Baden-Württemberg wurde beispielsweise das Biodiversitätsgesetz auf den Weg gebracht. Das setzt die richtigen Signale“. 

 

Vom Rebstück zum Öko-Weingut

Das ist der Stand heute. Doch wie fing die Erfolgsgeschichte von Andreas Dilger an? Begonnen hat alles mit einem kleinen Rebstück, das Andreas Dilger zum Kauf angeboten wurde. Er griff zu und begann seinen eigenen Wein herzustellen. „Ich habe vom ersten Tag an ökologisch gearbeitet“, erklärt Andreas Dilger. Das dafür erforderliche Wissen eignete er sich selbstständig an. Nach und nach kamen weitere Rebstücke hinzu. „In dieser Zeit habe ich wertvolle Erfahrungen gesammelt. Es waren Lehrjahre, die mir gezeigt haben, dass man nie auslernt“, sagt Andreas Dilger. 2001 entschied er sich dann, den Nebenerwerb zum Hauptberuf zu machen und alles zu professionalisieren.

Andreas Dilger im Weinberg (Foto: kwasibanane)

 

Der Ökopionier setzte schon beim Start auf Kommunikation und Vernetzung mit Gleichgesinnten. Andreas Dilger wurde Mitglied bei ECOVIN, dem Bundesverband ökologischer Weinbau, im Beratungsdienst ökologischer Weinbau für den südbadischen Raum und etwas später auch bei PIWI International.

 

Zukunft des Weinbaus

Wie kamen die PIWIs überhaupt ins Spiel, das heißt, in den Wingert? Bei einer Vorstellung und Verkostung des Staatlichen Weinbauinstituts Freiburg lernte Andreas Dilger die neuen Sorten kennen. „Ab dem ersten Moment war da eine Verbindung. PIWIs haben mich fasziniert“, erinnert er sich. Ihm war sofort klar: „PIWIs sind im Weinbau das beste Einzelinstrument, um den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln zu reduzieren“ Und damit erweisen sie sich als ideal für den ökologischen Anbau. Hinzu kommen noch weitere positive Aspekte. So ist beispielsweise die CO2-Bilanz beim Anbau von PIWIs besser als bei herkömmlichen Reben, da mehrere Arbeitsschritte eingespart werden können und damit ebenso der Einsatz von landwirtschaftlichen Geräten. „Wenn dank der PIWIs weniger Behandlungen nötig sind, fallen Überfahrten weg, Bodenverdichtungen nehmen ab und der Dieselverbrauch sinkt!

Ab diesem Zeitpunkt kommen für ihn bei Neupflanzungen nur noch PIWIs in Frage. Heute gedeihen in seinen Weinbergen insgesamt sechzehn pilzwiderstandsfähige Sorten, acht Weißweine wie Cabernet Blanc, Johanniter, Solaris und Helios sowie acht rote wie Cabernet Cortis, Cabernet Cantor, Prior und Pinotin. „Besonders am Herzen liegt mir Souvingnier Gris und Muscarins, da sich mit ihnen viel Spannendes machen lässt, es eröffnet eine ganz neue Weinwelt“, so seine Einschätzung.

Das Weinsortiment von Weingut Dilger (Foto: kwasibanane)

 

Dynamik für Wechsel mit VITIFIT

Seit zwanzig Jahren setzt sich Andreas Dilger nun schon für ein Umdenken im Weinbau ein. „Jetzt ist endlich eine Dynamik entstanden, die den entscheidenden Wechsel hin zum PIWI-Anbau ermöglicht“. So freut er sich auch besonders über das Praxisforschungsprojekt VITIFIT und misst ihm große Bedeutung bei. Zeigt es doch, wie essenziell eine Reduzierung des Pflanzenschutzes im Weinbau ist und welche wichtige Funktion PIWIs dabei übernehmen können. Andreas Dilger wünscht sich, „dass möglichst viele Interessierte an den Ergebnissen teilhaben“. Seinen eigenen Einsatz für PIWIs wird er weiter mit ganzer Kraft vorantreiben. Denn es gibt noch viel zu tun.

 

Text: Wissenstransfer VITIFIT, DLR Rheinpfalz


Weitere Informationen:

PIWI Deutschland
Andreas Dilger, 1. Vorsitzender
Freiburg, Baden
www.weingut-andreas-dilger.de

 

Internationale Arbeitsgemeinschaft zur Förderung pilzwiderstandsfähiger Rebsorten e.V.

Wissenstransfer VITIFIT


Autorinnen:

Charlotte.Hardt@dlr.rlp.de
Karin.Franzen@dlr.rlp.de
Wissenstransfer VITIFIT
Institut für Weinbau und Oenologie
Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum Rheinpfalz

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